Zurück aus der Sommerpause

Bild von heyatawin

Ich bin zurück aus meinem Urlaub und weiß gar nicht, worüber ich als Erstes schreiben soll.

Schreibe ich darüber, dass mir mein Urlaub bestätigt hat, dass ein Leben abgeschnitten in einer Wohnung mir nicht guttut?

Erzähle ich von dem Buch, dass mir das Gefühl gegeben hat, mit meinen Empfindungen zu meiner Lebenssituation nicht total bescheuert zu sein, sondern dass man das durchaus aus politischer, soziologischer und historischer Sicht betrachten kann. Aus dieser Perspektive könnte ich mein Lebensgefühl als gesunde Reaktion auf gar nicht so gesunde gesellschaftliche Prozesse und Strukturen verstehen.

Soll ich davon schreiben, dass mir diese Perspektive Mut gemacht hat, zu meinen Gefühlen und meinen Überzeugungen zu stehen, weil es mir hilft, mich selbst nicht als dysfunktional zu empfinden? Vielmehr lässt sie in mir den Eindruck entstehen, dass ich eigentlich eine differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit habe und ich es vielleicht als Talent betrachten darf, dass mir viele Dinge nicht als selbstverständlich erscheinen, die für andere normal sind.

Ich könnte auch davon schreiben, wie sich dadurch der Knoten löst, der meine Aggressionen verschlossen hält. Klar, wer glaubt, seine Aggressionen seien ständig unangemessen und gehören versteckt, verstaut, beschwichtigt, überwunden, der verliert auch seinen Antrieb in allen anderen Dingen. Es geht grundsätzlich nicht, einzelne Gefühle zu zensieren, ohne das gesamte Gleichgewicht zu stören, aber es nimmt einem im einzelnen auch immer den positiven Drive, wenn man keine Aggression zulässt.

Und, verdammt noch mal, mir geht meine Lebenssituation auf die Nerven! Dauernd versuche ich mir das schönzureden und mache mir Vorwürfe, weil ich nicht zufrieden bin. Das hat man mir ja schon immer gesagt und deshalb glaubte ich, ich sei falsch und nicht die Situation. Aber wenn sich die Situation ändert, geht es mir schlagartig besser. Daraus ziehe ich den logischen Schluss, dass das Problem die Situation ist.

Der Kurzschluss in meinem Kopf ist nicht unendlich kompliziert: Ich rede mir nur immer ein, ich sei das Problem, weil ich dann keinen Weg suchen muss, um mich selbst glücklich zu machen. Davon fühle ich mich nämlich ziemlich überfordert.

Vor allem geziemte sich das nicht einen eigenen Willen zu haben, Bedürfnisse oder gar noch Widerstand zu leisten. Immer schön nett, unauffällig, angepasst, leistungsfähig sein und am besten aus voller Überzeugung und ohne Zweifel. Dabei konnte ich mich auf einer rationalen Ebene durchaus schlagfertig wehren, nur meine Emotionen, die habe ich lieber unsichtbar gemacht.

Und so könnte ich auch über das Gefühl schreiben, gar nicht vollständig im Leben manifestiert zu sein. Ich fühle mich, als sei ich bei der Geburt gar nicht richtig in meinen Körper eingezogen, sondern hätte am liebsten wieder einen Rückzieher gemacht. Meine Nabelschnur hatte mir schon den Strick gedreht, aber die Ärzte zerrten mich mit einem Pümpel ans Tageslicht. Deformiert kam ich zur Welt und auch wenn mein Schädel wieder in eine ansehnliche Form gefunden hat, der Pümpel hat vielleicht doch irgendetwas nachaltiger defomiert. Oft fühlt es sich so an, als hätte ich es den Ärzten übel genommen, dass man mich so ins Licht gezerrt hat und als hätte ich das nicht als angemessene Willkommensgeste für einen neuen Menschen empfunden. In einem Zustand des Noch-Nicht-Ganz-Geboren-Seins warte ich mein Leben lang darauf, ob man mich nicht doch noch mal etwas freundlicher auf der Erde begrüßt.

Zuletzt könnte ich auch über meine Angst schreiben, zurück Zuhause wieder in meinen alten, ungesunden Trott zu fallen, in dem ich mich zombieartig von einem Tag zum nächsten schleppe.

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